Stellungnahme Israel/Palästina: Bundesausschuss Friedensratschlag

Bundesausschuss Friedensratschlag

Anlässlich der Gewaltexplosion im israelisch-palästinensischen
Konflikt erklärt der Bundesausschuss Friedensratschlag in einer ersten
Stellungnahme:

Der Angriff der Kassem-Brigaden aus dem Gazastreifen auf Israel füllt
die Schlagzeilen. Wie im Ukraine-Krieg wird er als überraschend,
unprovoziert und brutal dargestellt, und wieder ist die deutsche
Außenministerin eine der ersten, die einer der Kriegsparteien die
uneinge­schränkte Solidarität verspricht. Doch der Angriff hat eine
Vorgeschichte, die in der völker­rechtswidrigen Besatzungspolitik
israelischer Regierungen seit 1967 zu suchen ist und immer wieder zu
Gewaltausbrüchen zwischen den Konfliktparteien führte. Versuche, den
Konflikt durch eine Zwei-Staaten-Lösung zu entschärfen, wurden von
israelischer Seite wieder und wieder blockiert.

Entwicklungen, die eine Annäherung von einzelnen arabischen Staaten und
Israel anbahnen und die Interessen der Palästinenser dabei übergehen,
sowie die gewaltsame Besatzungs­politik der derzeitigen rechtsradikalen
Netanjahu-Regierung, die seit Jahresbeginn etwa 300 palästinensische
Todesopfer im Westjordanland forderte, bilden den provokatorischen
Hintergrund für den Angriff aus dem Gazastreifen auf israelisches
Territorium.

Erst am Vorabend des Angriffs hatten israelische Siedler zum
wiederholten Mal und unter dem Schutz der Armee die Kleinstadt Huwara in
einem pogromähnlichen Überfall ange­griffen und einen 16jährigen
getötet. Der israelische Finanzminister Betalel Smotrich hatte
angekündigt, die Stadt auslöschen zu wollen. Ohne die Asymmetrie von
Gewalt und Gewaltanwendung in diesem Konflikt zu benennen und zu
bekämpfen, wird eine Lösung nicht möglich sein.

Der Bundesausschuss Friedensratschlag kritisiert die Haltung der
Bundesregierung, in dieser eskalierenden Situation einseitig auf das
Recht Israels auf Selbstverteidi­gung im Rahmen der deutschen
Staatsräson für Israels Sicherheit zu pochen: Die israelische
Regierung hat ein Bombardement des Gazastreifens begonnen, den
kriegsgeschundenen Menschen im Gazastreifen den Strom abgeschaltet sowie
den Import aller Güter inklusive Kraftstoff blockiert und einen langen
Krieg angekündigt. Meldungen, dass auch die Spannungen an der
Nordgrenze Israels zunehmen und der Eintritt der Hisbollah in den
Konflikt im Raume steht, sollten doch eigentlich dazu führen, dass die
Bundesregierung die Konfliktparteien insgesamt zu Zurückhaltung und
Mäßigung aufruft. Der im Koalitionsvertrag festgelegte Vorsatz, sich
für eine Zweistaatenlösung einsetzen zu wollen, harrt mehr denn je der
Umsetzung. Die Sicherheit Israels ist erst dann gewährleistet, wenn
eine ausgehandelte Zwei-Staaten-Lösung umgesetzt ist.

Wir verlangen, dass sich die Bundesregierung sofort für einen Stopp der
Kampfhandlungen und der Aufhebung der Blockade des Gazastreifens
einsetzt, alle verfügbaren diplomati­schen Kräfte mobilisiert und
endlich den Verhandlungsweg zu einer Zwei-Staaten-Lösung nachhaltig
fördert.

Berlin/Kassel, den 9.10.2023

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